Montag, 18. Mai 2009

Gesellschaftsspiele - Louise Jacobs

"Gesellschaftsspiele" ist ein Roman aus dem Kunstmilieu.

Der Titel jedenfalls ist überaus passend gewählt, denn es geht grundsätzlich um die Auswirkungen der Gesellschaft auf den Menschen - im übertragenen Sinne kann man es als Frage betrachten: "Spielt die Gesellschaft mit uns?".
Was richtet die Gesellschaft mit uns an, wenn wir unter einem enormen Druck stehen?
Eben so geht es dem Protagonisten Leo Becker: Er steht unter dem Schaffensdruck als erfolgreicher Künstler - er soll Gemälde für eine Ausstellung im Metropolitan Museum N.Y. schaffen - und sieht sich mit zunehmendem Druck immer mehr gezwungen kreativ zu werden.
Sein eigener Schaffensdrang, seine Kreativität nehmen immer mehr ab und er geht in Existenszweifeln und seiner immer größeren Einsamkeit nahezu unter.

Dieser Zwiespalt zwischen Druck und eigenem Drank spiegelt sich auch in Leos verbleibenden Sozialkontakten wieder. Da ist Rahel, seine Ehefrau und Managerin, die aus gutem Hause stammt, aber nicht allzu selbstbewusst ist. Dagegen steht Leos Jugendfreundin Ebba, bei der er sich fallen lassen kann und die ihn als Mensch und nicht nur als Künstler wahrnimmt.

Der Stil bleibt distanziert und leicht fremdelnd - eine wirkliche Nähe zwischen den Menschen ist kaum spürbar, sondern es zeigt sich eher eine Anonymität. Manches mag auch überspitzt gezeichnet worden sein, im großen und ganzen bildet das Buch aber ein meiner Meinung nach realistisches Bild der heutigen Gesellschaft.
Das Buch zeigt deutlich, wie die Gesellschaft heute mit den Menschen umgeht.
Alles muss schneller, besser werden und die geforderte Leistung kann oftmals nur noch unter großem Druck und unter enormer seelischer Belastung erfüllt werden.
Gerade kreative und künstlerische, freidenkerische Menschen können, wie das Buch zeigt, an dieser Leistungsgesellschaft zugrunde gehen.

Wirkte Leo auf mich in der Leseprobe noch irgendwie unsympatisch (zu frustriert, zu unreif, zu abhängig, zu negativ) scheint mir jetzt doch ein realistisches Bild gezeichnet zu werden.
Seine Stimmung und sein beschriebenes Wesen werden durch den enormen Druck begründet.

Das Buch rüttelt wach (wie eigentlich alle Fahrenheit-Bücher), da man nicht so werden will wie Leo. Man beginnt über die Gesellschaft nachzudenken, und das ist sicher auch im Sinne der Autorin.

7, 5 von 10

William Paul Young - Die Hütte (Ein Wochenende mit Gott)

Der Klappentext verspricht "Dieses Buch verändert. Es nimmt Zweiflern die Zweifel, dem Traurigen die Trauer, es gibt dem Hoffnungslosen neue Hoffnung."
Ich denke, jeder muss selber entscheiden, ob dieses Buch das für einen vermag - gerade beim Thema Glaube ist es schwer zu Verallgemeinern.

Das Buch handelt von Makenzie Allen Phillips - kurz Mack - und wird erzählt von dessen Freund Willie (also dem Autor selber).
Mack ist seit mehreren Jahren in der "Großen Traurigkeit" gefangen. Vor ein paar Jahren war er mit seinen Kindern auf einem Campingausflug, wobei seine jüngste Tochter Missy verschwand.
Die Polizei konnte den Entführer nicht schnappen, aber seine Spuren ließen sich bis zu einer abgelegenen Hütte im Wald zurückverfolgen.
In der Jetzt-Zeit, in der der Roman spielt, bekommt Mack einen wundersamen Brief - eine Einladung in diese Hütte, unterzeichnet mit "Papa".
"Papa" ist für Macks Frau Nan ihr persönlicher Name für Gott, denn er ist ihr nach wie ein Vater. Mackenzie allerdings zweifelt seit dem Verlust stark an seinem Glauben und ist deshalb sehr verwirrt und auch verängstigt über den Brief.
Denn es ist ja wohl nicht normal, dass Gott Briefe schreibt, oder doch?
Um das zu ergründen macht sich Mack auf zur Hütte, wo seine Tochter verschwand.

In der Hütte trifft er mehrere Personen: Eine afroamerikanische Frau (Gott), einen palästinensisch anmutenden Mann (Jesus) und eine Asiatin (Der heilige Geist) - und die drei behaupten gemeinsam GOTT zu sein!
Sie laden Mack zu einem besonderen Wochenende ein - einem Wochenende mit Gott - und versuchen ihm auf ihre eigene ganz besondere Art den Glauben und seine Grundgedanken näher zu bringen.
So soll Mack es schaffen, das Verschwinden seiner Tochter zu überwinden und wieder zu sich selbst zu finden.

Meine Meinung:

Das Buch ist ein Buch was polarisiert.
Mir persönlich ist es zu postitiv. Die Grundnachricht kann man sicher zusammenfassen zu "Der Glauben ist die Lösung aller Probleme. Mit der Liebe zu Gott und seinen Mitmenschen kann man alles schaffen". Solange man glaubt und liebt, so wird einem nahegelegt, sind irrdische Probleme nebensächlich und klein.
Besonders passend formuliert es eine Stelle des Buches: "Die Freiheit ist ein Prozess, der stattfindet, wenn du dich auf eine Beziehung mit Jesus einlässt. Dann klären sich all die Probleme und Konflikte, die in dir brodeln."
Das ganze Buch und sein Stil erinnern sich (ich will damit niemanden verletzten!) an freikirchliche Gemeinden oder Predigttexte. Es wird sehr extrem, sehr nah am einfachen Menschen, sehr modern mit dem Glauben umgegangen.
Für mich ist das ganze zu modern - ich hätte mir einen wirklichen Diskurs gewünscht, aber obwohl Mack eigentlich in einer Glaubenskrise steckt, lässt er sich erstaunlich schnell (geradezu extrem schnell!) von Gott überzeugen, wandelt mit Jesus über das Wasser und vergibt den bösen Menschen aus seiner Vergangenheit.
Ob der Glaube wirklich der richtige Weg für alle Menschen ist, wird nicht diskutiert. Gott IST in diesem Buch die Lösung und dass muss der Leser akzeptieren.
Auch das Gespräch zu Gott gestaltet sich sehr ungebunden, ja manchmal flapsig, oft aber auch theatralisch. Da findet man Zitate wie:

"Und ich bin mir wirklich sicher, dass ihr mich niemals im Stich lassen werdet, und deshalb habe ich keine Angst..."

"Und eine Liebe, die größer war als sie beide, durchdrang sie und heilte sie."

"Ihm wurde bewusst, wie sehr er diesen Mann inzwischen liebte, diesen Menschen, der auch Gott war."

"Der Goldkram (im Himmel) ist ein Bild für mich (Jesus) und meiner Frau, die ich liebe. (...) Es ist ein Bild meiner Braut, der Kirche."

"Gehüllt in einen Mantel aus vielfarbig flammendem Licht stieß ein Fischadler auf den See hinunter (...) und strich dicht über der Wasseroberfläche dahin, wobei Funken von seinen Flügeln aufs Wasser fielen wie Schnee"

An einer Stelle sagt Jeses zu Gott: "Es war wirklich unglaublich, dir zuhören zu dürfen, wie du Liebe und Frieden in sein Herz hineingeflüstert hast. (...) Ich liebe es dein Sohn zu sein."

Sehr poetisch, manchmal zu poetisch und zu überdreht. Alles sehr positiv, geradezu enthusiastisch positiv.
Themen, wie das Mensch/Gott-Verhältnis Jesu, die Dreifaltigkeit, der Gedanke der Vergebung werden angerissen, aber mir persönlich zu unkritisch und zu schnell wieder abgehandelt.
Egal, wie schlimm etwas ist, was Mack erlebt hat, Gott schafft es innerhalb weniger Seiten ihn zu überzeugen, dass mit unendlivh viel Liebe und dem Glauben alles wieder paletti ist.
Alle Menschen sind Freunde, sogar für den Entführer der kleinen Missy findet sich kaum ein wirklich Böses Wort, sondern nur Lob für die Helfer, die Polizisten, die Freunde der Familie.

In den Grundgedanken und Ansätzen ein schönes Buch, allerdings für Erwachsene meiner Meinung nach zu Positiv.
Jemandem, der eine so persönliche und extrem nahe Einstellung zu seinem Glauben und Gott hat, mag dieses Buch gefallen und vielleicht Kraft spenden und erfüllen, was der Klappentext verspricht.
Aber mir, obwohl ich ein gläubiger Mensch bin, für den Glaube aber eher eine hintergründige, beobachtenden Rolle hat, für den wirkt das Buch denke ich überzeichnet und (man verzeihe mir) 'amerikanisch'.
Für Kinder im Kommunionalter oder Konfirmandenalter kann ich mir das Buch noch recht gut vorstellen, aber dann als Parabel gesehen und nicht als Roman.

6 von 10 Punkten = ganz nett.